Rhythmen in der VolksmusikJe nach Art und Stil des Stückes hält sich der Rhythmus oft nicht sehr genau an das Metrum, an den Taktschlag des Metronoms. Fast jedes Stück gehört im Rhythmus leicht verzogen. Die nachstehend beschriebenen Rhythmusverschiebungen bringen lebendiges Spiel und damit Schwung. Genau rhythmisches Spiel wirkt oft einförmig, fad. Erst geringe, kaum merkbare Rhythmusunterschiede bringen Schwung, wecken Lust zur Bewegung, drängen die Zuhörer zum Mittanzen. Deshalb mag ich das Metronom nicht, obwohl es auch seine Vorteile hat. Bekannt ist das beim Wiener Walzer: Die erste Nachschlagnote (Zählzeit 2) setzt etwas zu früh ein, zum Ausgleich kommt die zweite Nachschlagnote (Zählzeit 3) etwas zu spät und bremst damit das Hudeln. Der Grundbass muss dann natürlich genau im Takt bleiben. Bei guten Spielern der Bassgeige beginnt er allerdings um ein winziges Stück zu früh, damit er im richtigen Moment bereits voll da ist. Hier können Sie den Midi-Klang anhören oder downloaden Volker Derschmidt hat im Jahrbuch 2023 des Österreichischen Volksliedwerkes ein Beispiel beschrieben anhand des A-Dur-Walzers. Er meint, dass Johann Strauß seine Nachschlaggeiger auf einen bestimmten Schlag eintrainiert hat, und zwar soll der zweite Nachschlag soweit vorgezogen werden, dass er zum rechnerischen Beginn des 2. Taktes bereits beendet wird. Ein Hörbeispiel, wie er das meint, können Sie hier anhören. Für viele alpenländische Walzer gilt das aber nur in engen Grenzen oder gar nicht. Je mehr Achtelnoten so eine Walzermelodie hat, je mehr sie vom Stil eigentlich ein schneller Steirer oder Ländler ist, desto mehr nähert sich die Ausführung dem Metrum. Auf der Seite Weitere Verzierungen habe ich von weiteren Rhythmusunterschieden geschrieben, die nicht nur beim Walzer gelten. Ähnliches gilt auch für Polka und Boarisch: Kaum merkbar "bremst" der Nachschlag, kommt etwas später, als ihm nach dem exakten Metrum zustünde. Besonders bei Schnellpolkas gibt oft der Bass so richtig "Gas", versucht scheinbar, zu beschleunigen, während der Nachschlag "bremst", zurückhält. Hier können Sie den Midi-Klang anhören oder downloaden Der Marsch kommt immer im genauen Schrittmaß daher. Aber was mit den Achtelnoten zwischen den einzelnen Schritten geschieht, ist nicht so genau zu definieren, da lässt sich wieder einiges verziehen. Ländler (8-taktig) oder Steirer (hauptsächlich Achtelnoten): Die Viertel werden bei uns eher genau im Metrum gespielt, allerdings darf man oft den Grundbass etwas breiter spielen, den ersten Nachschlag kurz, den zweiten Nachschlag wieder etwas breiter. Je mehr so ein Ländler dem Walzer ähnlicher wird (auch Halbwalzer genannt, 16-taktig, längere Notenwerte), desto mehr kann der Rhythmus dem oben beschriebenen Walzerrhythmus ähneln. Die weitere Unterteilung (Achtelnoten) ist aber auch hier nicht mehr so genau metrisch, kann je nach Melodie variieren. Oberösterreichische Landler werden meist verrissen gespielt, der dritte Taktteil wird gedehnt. Im Mühlviertel stehen die Landler noch im normalen Dreiertakt, je weiter südlich, desto mehr wird das dritte Viertel gedehnt, im Traunviertel und anschließenden Mostviertel nur wenig, im Innviertel wird schon ein 7/8-Takt daraus, und im Salzkammergut wird aus dem Dreivierteltakt schon ein echter Viervierteltakt, oft als Zweivierteltakt notiert, alte Spieler spielen aber auch im Salzkammergut nach Noten im Dreivierteltakt, und trotzdem geradtaktig. Bei dieser Art, den Landler zu spielen, gehört in der Begleitung kaum der übliche Nachschlag, meist wird nur der Bass auf den ersten und dritten Schlag begleiten. Die Mazurka sollte genau im Metrum gespielt werden, mit kurzen Tönen. Zum Ausgleich hat sie viele kleine, punktierte Noten. Beim instrumentalen Spiel von Liedmelodien gilt das alles nur bedingt. Soll dazu gesungen werden, habe ich dafür eine eigene Seite Liedbegleitung gestaltet. Hier daher nur: Ein Liedtext sollte im Hinterkopf immer mitschwingen, Phrasierung und Betonung sollte zum Liedtext passen. Ich meine, wie man ja üblicherweise nicht staccato singt, sollte ich Lieder auch nicht staccato interpretieren. Der instrumentale oder gesungene Jodler braucht meistens überhaupt kein Metrum. Hier gehört oft ein vollkommen frei improvisierter Rhythmus mit breiten Tönen, wohl auch schnelleren Passagen, dann wieder Ritardando oder Fermate. Er sollte auch nur mit Grundbässen begleitet werden, nicht mit Nachschlag. Ähnliches gilt auch für viele Lieder. Alle diese Angaben sind nicht als unbedingtes Muss aufzufassen. Es kommt immer auch auf die Art der Melodie an. in der Volksmusik gibt es keine genauen Regeln. Immer wieder gibt es Stellen oder ganze Melodien, wo all diese Angaben einfach nicht passen, wo man anders betonen muss. Manche Walzer sind eher schnelle Ländler, bei anderen gehören manche Passagen im genauen Metrum gespielt. Das muss man selbst ausprobieren, bei jedem Stück. Vor allem aber sollte man hören und erforschen, wie es andere Musikanten machen. Beispiele für guten RhythmusIch habe mir erlaubt, einige gut gespielte Tonbeispiele hier zu verlinken. Bitte horchen Sie genau auf den Rhythmus, er ist perfekt.
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Franz Fuchs Volksmusikschule
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