Kraftvolle Spannung beim MusizierenUnlängst habe ich auf einer durchwegs wunderschön musizierten CD einen wunderbar gesungenen Jodler gehört. Von Anfang bis zum Ende hat mich nicht nur die ganze CD, auch dieses Stück begeistert. Der Jodler endete wie so manche andere auch mit der Phrase „auf der Alm“. Aber dann, beim letzten Akkord, beim Wort „Alm“, ist den Sängern die Kraft ausgegangen. Tonhöhe, Tonlänge waren ja auch hier in Ordnung, aber leider war die Wirkung des ganzen Jodlers trotzdem zerstört. Mit kraftvoll musizieren ist nicht gemeint, laut zu spielen. Genauso wie beim musikalischen Schwung nicht gemeint ist, schneller zu spielen. Schwung hat mit Geschwindigkeit wenig bis nichts zu tun, und kraftvolle Spannung hat mit Lautstärke ebenfalls wenig zu tun. Ich meine damit, mit innerer Kraft, mit Spannung musizieren oder singen, und diese kraftvolle Spannung von Anfang bis zum Ende des Stücks durchhalten. Spannung, so wie ich sie verstehe, hat allerdings auch damit zu tun, dass man manche Stellen lauter spielt, manche leiser, dass man manchmal antreibt, ohne wirklich schneller zu werden, öfter sogar zurückhält, besonders bei Pausen, aber ohne wirklich langsamer zu werden. Das hat vor allem damit zu tun, dass man nicht einzelne aufeinander folgende Töne spielt, sondern eine Melodie, eine erkennbare, vielleicht begeisternde oder auch besinnliche Melodie. Melodie ist weit mehr, als dass man zur richtigen Zeit den richtigen Ton trifft oder auf der Harmonika brav den richtigen Knopf laut Griffschrift drückt. Melodie ist viel mehr, und das sollte man fühlen. Horchen Sie einmal guten, wirklich guten Spielern zu, und vielleicht fühlen Sie auch, was ein Spitzenmusikant in eine oft einfache Melodie hineinlegen kann. Jede Melodie sollte man mit innerer Kraft spielen, von Anfang bis zum Ende, jede Phrase, jeden Ton, sogar jede Pause. Pausen werden oft vernachlässigt, sie sind aber musikalisch ebenfalls wichtig, sollten ebenfalls mit Spannung durchgehalten werden. Ich meine daher, spielt man öffentlich, sollte man die Spannung das ganze Stück durchhalten. Von Anfang an, aber jedes Stück ist erst dann zu Ende, wenn der letzte Akkord verklungen ist. Ich habe von Rudi Pietsch gelernt, der wichtigste Ton, der wichtigste Moment in jedem Stück ist der letzte Ton, der letzte Akkord. Den muss man auskosten, den hört man noch lange nachklingen, der bleibt den Zuhörern in Erinnerung.
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Franz Fuchs Volksmusikschule
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