Urheberrecht und VolksmusikZuerst etwas heiteresDas Tanzprogramm eines Volkstanzfestes wurde angeblich der Tiroler AKM-Stelle vorgelegt. Es kam die Stellungnahme: "Diese Liste enthält ein geschütztes Musikstück, daher muss für die ganze Veranstaltung bezahlt werden." Gegenfrage: "Um welches Stück handelt es sich?" Antwort: "Da steht 'Damenwahl', und in unseren Listen scheint ein geschütztes Musikstück mit dem Titel 'Damenwahl' auf!" Dieses Missverständnis konnte dann rasch aufgeklärt werden. Ob diese Geschichte richtig ist, kann ich nicht bestätigen, sie ist aber zumindest gut erfunden. UrheberrechtDas Urheberrechtsgesetz sagt aus, dass der Urheber (Autor, Komponist, Texter) Eigentümer seines Werkes ist und unter anderem auch finanzielle Ansprüche auf sein Werk erheben darf. Das gilt auch für seine Erben bis 70 Jahre nach seinem Tod, bei Tonaufnahmen bis 50 Jahre nach Erscheinen. Üblicherweise tritt der Urheber dieses Recht an eine Verwertungsgesellschaft ab und bekommt dafür Tantiemen. Derartige Verwertungsgesellschaften gibt es in allen Staaten. In Österreich ist dies vor allem die AKM (Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger, reg. Genossenschaft mbH.). In Deutschland ist es die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte). Diese Gesellschaften verwalten das Weltrepertoire an geschützter Musik, kassieren für jede öffentliche Aufführung eines der von ihnen verwalteten Werke einen tariflich festgesetzten Betrag, der bei manchen Veranstaltungen eine doch beträchtliche Höhe erreichen kann und verteilen dieses Geld an die Urheber. So weit, so gut. Nun hat aber die überlieferte Volksmusik in der Regel keinen bekannten Urheber. Vor allem Volkstanzmusik ist weit überwiegend Volksmusik in diesem Sinn. Als Ausnahmen sind mir derzeit nur der Marienfrieder, der Monas Vals und De Vleuter bekannt. Falls doch ein Urheber bekannt ist, hat er häufig seine Werke nicht der AKM gemeldet. Volksmusikalische Werke, wie sie etwa zu zehntausenden in den Volksliedwerken archiviert sind, unterliegen daher in der Regel nicht dem Urheberrecht, AKM und GEMA brauchen dafür keine Tantiemen bezahlen, dürften daher auch nichts dafür kassieren. Allerdings unterliegen neugeschaffene volksmusikalische Werke, wie alle anderen Werke der Musik ebenso, dem Urheberrecht. Ist der Urheber allerdings nicht Mitglied der AKM (oder einer anderen Verwertungsgesellschaft wie der GEMA), so werden die Rechte an dessen Musikwerken nicht von der Verwertungsgesellschaft wahrgenommen. Das heißt: Dieser Urheber bekommt auch kein Geld von GEMA oder AKM für die Nutzung seiner Werke ausgeschüttet. Wird bei einer Veranstaltung nur AKM-freie Musik gespielt, darf die AKM auch hierfür kein Geld kassieren. Leider ist es nicht ganz so einfach. Die Lage in ÖsterreichAls Österreicher schreibe ich nur über die AKM. In anderen Ländern ist es zwar ähnlich, es gibt aber gewisse Unterschiede. Informationen über Urheberrechtsproblematik bei der Volksmusik in Deutschland finden Sie auf Gauverband1.de (Hansl Auer) oder auf VolXmusik.de. Einige Verbände haben Verträge mit der AKM geschlossen, aus denen hervorgeht, dass auf jeden Fall jede Veranstaltung gemeldet werden muss, dafür werden die Tantiemen wesentlich reduziert. Falls Sie Mitglied eines derartigen Verbandes sind, gilt das unten Gesagte für Sie nicht vollinhaltlich. Leider. Aufführung von BearbeitungenEchte Kompositionen und echte Bearbeitungen können einer Landes-Verwertungsgesellschaft gemeldet werden und sind dann weltweit geschützt. Nicht schutzfähig und daher gemeinfrei sind allerdings alle Volksmusikstücke an sich, bei denen der Komponist ja nicht bekannt ist, sowie alle Bearbeitungen im Volkssatz, die keine eigene schöpferische, sondern nur eine handwerkliche Leistung darstellen, (das sind etwa die von mir veröffentlichen Stücke und Lieder). Es gab und gibt aber immer wieder Leute, welche einen Volksmusik-Satz der AKM als eigene Bearbeitung melden. Die AKM überprüft leider nicht, ob dies berechtigt ist. Sogar der berühmte und viel gespielte Tobi Reiser hat nicht nur seine Kompositionen sondern auch sämtliche seiner Bearbeitungen der AKM gemeldet. Der urheberrechtliche Schutz gilt bei Bearbeitungen aber nur für die Leistung des Bearbeiters. Was gemeinfrei ist, bleibt gemeinfrei. Manchmal nimmt die AKM irrtümlich an, ein gespielter Titel sei eine geschützte Bearbeitung. Das lässt sich leicht widerlegen, wenn man eine eigene Bearbeitung gespielt hat. In Österreich verlangt die AKM die vollen Tantiemen für die gesamte Veranstaltung, auch wenn nur ein einziges geschütztes Stück gespielt wird. Diese Bestimmung ist der einzige Grund, warum ich hier gegen die AKM argumentiere. (In Deutschland ist dies besser geregelt, siehe auf VolXmusik.de.) Will man keine Tantiemen bezahlen, muss man daher in Österreich sicher stellen, dass kein einziges pflichtiges Stück gespielt oder gesungen wird. Oft wird behauptet, man müsse auf jeden Fall der AKM melden, da es zu wenig ungeschützte Stücke gäbe. Laut "d' Wadlbeißer" (ich habe es nicht überprüft, finde es aber glaubwürdig) gibt es in Bayern etwa 400 der GEMA gemeldete Walzer und rund 10.000 (zehntausend!) GEMA-freie Walzer. In Österreich ist es sicher ähnlich. Und das ist für alle anderen Volksmusikstücke ähnlich. Dieses Argument für GEMA und AKM ist also falsch. Die AKM ist verpflichtet, auf Anfrage Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmtes Stück geschützt ist. Weiß man nicht, ob eine bestimmte Bearbeitung eines an sich ungeschützten Volksmusikstückes geschützt ist, ist es wahrscheinlich besser, nicht nach gedruckten Noten zu spielen, sondern eine eigene Bearbeitung zu wählen. (Ich empfehle aus anderen Gründen ohnedies, möglichst auswendig zu musizieren.) Volksmusikstammtische und ähnliche Veranstaltungen ohne Eintrittskarten im Rahmen eines Gastbetriebes gelten als "Gästemusizieren". Meist hat heute ein Wirt irgendwo ein Radio, CD-Player oder ähnliches stehen und bezahlt dafür ein geringes Pauschale an die AKM. Im Rahmen dieses Pauschales ist das Gästemusizieren inbegriffen, aber wie gesagt nur, wenn kein Eintrittsgeld verlangt wird. Hier ist die Problematik daher nicht all zu groß. Alle anderen öffentlich zugänglichen Veranstaltungen mit nur wenigen Ausnahmen sollten vom Veranstalter der AKM gemeldet werden, auch wenn nur ein einziges geschütztes Werk aufgeführt wird. Dies wird auch eher regelmäßig überprüft. Auf der am Gemeindeamt erhältlichen AKM-Anmeldekarte steht wörtlich:
Ich lege seit etlichen Jahrzehnten diesen Passus so aus, dass ich auf jeden Fall zahlen muss, wenn ich melde, dass ich aber als Veranstalter nur melden muss, wenn tatsächlich mindestens ein "verwaltetes Werk" gespielt wird. Da ich dies nicht vorhabe, melde ich meine Veranstaltungen prinzipiell nicht. Ab und zu kam anfangs ein Schreiben der AKM, dass ich nachträglich melden solle. Ich schrieb jedes Mal höflich zurück: "es wurden keine geschützten Werke gespielt, sondern ausschließlich überlieferte und daher ungeschützte Volksmusik in eigenen Bearbeitungen". Das wurde bisher meist kommentarlos zur Kenntnis genommen, nur selten kam dann noch ein Brief mit der Aufforderung, die gespielten Werke anzuführen. Auch das habe ich jedes Mal gemacht und dann nichts mehr gehört. In letzter Zeit habe ich es leichter, da ich meine Stückln ja bereits großteils im Internet veröffentlicht habe, natürlich in meinem Satz. Verweise ich auf diese Veröffentlichungen, höre ich ebenfalls nichts mehr von der AKM. Ich weiß also, sie schaut dort hinein. Ab und zu kam anfangs auch ein Kontrollor der AKM, ist zumindest zweimal mit dem verärgerten Ausruf "Die spielen ja lauter Blödsinn" wieder verschwunden. Es tut mir zwar leid, dass unsere Volksmusik in den Augen eines AKM-Kontrollors anscheinend "Blödsinn" ist, aber Tantiemen hat er von mir noch nie kassiert, daher verstehe ich seine Verärgerung. Noch einmal: Wenn schon gemeldet werden muss, dann muss dies der Veranstalter oder Wirt machen und nicht der Musiker/Musikant. Dies gilt auch, wenn der Musiker von der AKM zur Meldung aufgefordert wird, was schon geschehen ist. Falls der Musikant irrtümlich meldet, wird er von der AKM dem Wirt/Veranstalter gegenüber als Zeuge angegeben, was möglicherweise zu Streit führt. Dies alles gilt genauso für Volkstanzaufführungen oder Volkstanzfeste. Allerdings: Fast alle Vollstanzmelodien sind nicht geschützt, sind daher frei spielbar, ohne Meldung an die AKM. An in Österreich manchmal getanzten Ausnahmen sind mir derzeit nur bekannt der De Vleuter, der Marienfrieder und der Monas Vals. Wie weiß ich, ob ein Werk geschützt ist
Volkstanz und UrheberrechtDies alles gilt im Prinzip genauso für Volkstanzaufführungen oder Volkstanzfeste, sowohl für die Melodien als auch für die Tanzbeschreibungen. Allerdings: Fast alle Volkstanzmelodien sind nicht geschützt, sind daher frei spielbar, ohne Meldung an die AKM. Als in Österreich manchmal getanzte Ausnahmen sind mir derzeit nur bekannt der De Vleuter, der Marienfrieder und der Monas Vals. Die vielen anderen von mir veröffentlichten Volkstänze sind so wie meine Bearbeitungen alle nicht geschützt. Aber: Werden bei einem Volkstanzfest auch Rundtänze gespielt, müssen Sie auch da vorsichtig sein, wenn Sie keine Tantiemen bezahlen wollen. Ich löse dieses Problem ganz einfach. Ich weise der AKM gegenüber darauf hin, dass ich ausschließlich Stücke aus den ja ziemlich umfangreichen, von mir in Stammtischmusik.at veröffentlichten Noten spiele, und die sind ja urheberrechtsfrei. Allerdings halte ich mich dann auch daran, spiele tatsächlich nur Stücke aus dieser Liste. Wenn Sie dies wollen, können Sie sich gern bei Ihren Rundtänzen auf diese Liste beziehen, sollten dann allerdings auch nur Stücke aus dieser Liste spielen, Es könnte allerdings sein, dass eine besonders künstlerische Bearbeitung von freien Stücken geschützt ist. Dies hat beispielsweise der berühmte Tobi Reiser gemacht. Musizieren Sie auswendig, im eigenen Satz, nach meinen Noten oder nach selbstgeschriebenen Noten, so trifft dies nicht zu. Dies alles gilt allerdings auch für Lieder. Etwa wird in Österreich gern das Lied "A ganze Weil ham ma jetzt gsungen und gspielt" als Schlusslied gesungen. Dieses Lied steht aber unter Urheberrecht. Allein durch dieses eine Schlusslied könnte eine ganze Veranstaltung AKM-pflichtig werden. Vielleicht sollten Sie auf ein anderes Lied ausweichen, könnten etwa I bedank mit bei die Spielleut singen. Übrigens, die in diesem Liedblatt angegebene Bestimmung, dass das gemeinsames Singen nicht gebührenpflichtig sei, gilt für Deutschland, leider nicht für Österreich. Neue Kompositionen in der VolksmusikNach meiner Meinung sind alle Volksmusikstücke von irgend Jemandem komponiert worden. Die kolportierte Entstehung im Volk halte ich für ein frommes Märchen. Allerdings waren Volksmusikstücke dann dem Überlieferungsprozess ausgesetzt, wurden und werden bei Gefallen weiter überliefert, wurden und werden dabei verändert, bekommen Varianten, und der tatsächliche Autor ist meist nicht bekannt, würde auch vielleicht nach einiger Zeit sein Stück kaum wiedererkennen. Volksmusikstücke entstehen auch heute neu, werden von vielen Musikanten ausgedacht, komponiert, in überlieferten Formen "selbstgestrickt", werden weitergereicht, schriftlich oder von Ohr zu Ohr, werden gespielt, oft ohne Kenntnis, von wem das Stück stammt, genau so, wie es in vergangenen Jahrhunderten war. Etwa weiß fast niemand mehr, dass die überall bekannte "echte, uralte Tiroler Volksweise Gretlboarisch" als "Gretl-Polka" eine Komposition des Steirers Franz Edler aus den 1950er-Jahren ist. (Übrigens, die Edler-Stücke sind alle nicht AKM-pflichtig.) Nun haben diese heutigen Volksmusikschreiber einerseits den Ehrgeiz, dass ihre Stücke überall gespielt werden, dass sie irgendwann zu überlieferter Volksmusik werden. Andererseits hätten sie auch nichts gegen die reichlich fließenden Tantiemen einzuwenden, mit denen die AKM wirbt. Nicht allgemein bekannt ist die Tatsache, dass man mit einer normalen Meldung eines Stückes an die AKM sämtliche Rechte an diesem Stück an die Verwertungsgesellschaft abtritt. Sogar bei eigenen Veranstaltungen ist man dann verpflichtet, der AKM zu melden und dafür zu bezahlen, bekommt dafür nur das Recht, etwas geringere Tantiemen zu kassieren. Meine Meinung dazu: Mit Volksmusik in überlieferter Art ist noch niemand reich geworden, die Tantiemen sind, bedingt durch die übliche Aufführungspraxis, mehr als bescheiden. Dagegen ist ein der AKM gemeldetes Stück nicht mehr gemeinfrei, wird automatisch nur in der AKM gemeldeten Aufführungen gespielt, kann dadurch gar nicht in die Überlieferung eingehen, wird daher eher nicht "überall" gespielt. Was gemeinfrei ist und bleibt, kann damit auch lebendig bleiben und sich weiter entwickeln. Daher finde ich es gut und wichtig, Volksmusik-Bearbeitungen nicht der AKM zu melden, auch wenn eine gute Bearbeitung manchmal mehr ist als eine Bearbeitung im Volkssatz. Etliche Volksmusik-Schreiber haben einen Ausweg gefunden, der mir sehr gut gefällt. Sie haben ihre Stücke zwar der AKM gemeldet, haben sich jedoch das Recht für die öffentliche Aufführung zurückbehalten. Geschützt ist nur die Aufführung durch die Medien, wo es ohnedies üblich ist, Tantiemen zu bezahlen. Es bedeutet aber jedes Mal einiges an Verhandlungskunst, bei der AKM einen derartigen Vertrag durchzusetzen. Üblich ist er noch nicht. Dazu zwei Briefe, von Klaus Karl, OÖ und von Volker Schöbitz, NÖ Vertrag der AKM mit dem Österreichischen VolksliedwerkEs gibt seit Herbst 2007 einen Vertrag zwischen AKM und Österreichischem Volksliedwerk in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Veranstalterverband, für alle Mitglieder eines Volksliedwerkes, wobei die Volksliedwerke der einzelnen Bundesländer zuständig sind. Ich finde diesen Vertrag sehr gut, er gilt theoretisch in ganz Österreich, aber in Niederösterreich nicht, da es hier kein Volksliedwerk gibt, sondern ein Volksliedarchiv ohne Mitglieder. In der Steiermark bzw. für alle Mitglieder des Steirischen Volksliedwerkes gilt er. Ich nehme an, dass er auch für die Mitglieder der anderen Landes-Volksliedwerke gilt. Auf der Homepage des Österreichischen Volksliedwerkes ist ein Auszug veröffentlicht. Hier ist der Text in Kurzform:
Hermann Härtel hat dazu 2007 einen längeren Pressetext verfasst, unter Neues zu Volksmusik und Urheberrecht ist er zu finden. Etliche Mitarbeiter der AKM haben offensichtlich nie etwas von diesem Vertrag gehört, sie kennen ihn gar nicht. Laut Auskunft des Volksliedwerkes (2023) gilt er aber weiterhin, man solle den AKM-Mitarbeitern den Link zum Vertrag mitteilen, damit sie sich allenfalls informieren können. Weiterführende Links
Ein Brief an die AKMAm 23. 6. 2006 habe ich den beiliegenden Brief an die AKM geschrieben. Ein längeres anschließendes Telefonat mit der Sachbearbeiterin hat ergeben, dass ich im Prinzip recht habe, dass aber die Sachbearbeiterin, um sich Arbeit zu ersparen, gern eine formlose Anmeldung hätte: "Es werden am ... in ... beim ... ausschließlich urheberrechtsfreie Musikstücke gespielt". Ich werde diese Anmeldung auch weiterhin nicht senden, da sie nach meiner Privatmeinung gesetzlich nicht erforderlich ist. Brief an die AKM von Franz Fuchs |
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