Variieren

Variationen in der Volksmusik

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Ein Stück sollte schwungvoll klingen, mitreißend. Das kann man unter anderem auch durch Variationen erreichen.

Felix Hoerburger schreibt zur Gestalt im Volkstanz:

 Weniger bewusst ist uns das Faktum, dass Melodien auch in der strophischen Wiederkehr keineswegs immer nur Ton für Ton wiederholt, sondern mindestens in verschiedenen Kleinigkeiten von Wiederholung zu Wiederholung verändert werden. Dies, so möchte es mir scheinen, ist vor allem eine Eigentümlichkeit der Tanzmusik, welche zwei scheinbar entgegengesetzten Gestaltungsprinzipien folgen muss: Einmal soll die Melodie mehrmals wiederholt werden, um dem Hörer vertraut zu werden, und um in ihm das angenehme Gefühl zu erwecken, dass etwas ihm Bekanntes wiederkehrt. Dabei darf es sich aber nur um den Schein des Bekannten handeln. Denn eine variantenfreie Wiederholung würde den Hörer langweilen und den Tänzer ermüden, statt ihn aufzureizen. Ähnlichkeit und Gegensätzlichkeit müssen einander aufwiegen. … Selbst feste Melodiegestalten können im lebendigen Vortrag von Strophe zu Strophe ein lebendiges Atmen erfahren. Die zwanzigfache Wiederholung einer Tanzmelodie, welche ich in Rothenburg (Mittelfranken) aufnahm und transkribierte, zeigt, dass unter diesen zwanzig Wiederholungen nicht einmal zwei sind, die miteinander tongetreu übereinstimmen.

In einer alten Tanzbeschreibung von Willi Schultz lese ich:

In unseren pommerschen Bauernkapellen waren die Klarinettisten, die kein korrektes Notenspiel kannten, oft Meister in der improvisatorischen Verzierung der Melodie. Diejenigen Musiker ... werden die Tanzweisen in den Wiederholungen durch Vorschläge, Praller und Triller, durch Übermelodien, Improvisationen und rhythmische Variationen umspielen und auch harmonisch untermalen. Wenn es heißt: “Der Ton macht die Musik”, so ist es ebenso richtig zu sagen, dass erst eine richtige Musik den Tanz "macht".

Ich kann genau das Gleiche von meinem Vater berichten, er war durch 20 Jahre Klarinettist in der Spielmusik Priegl.

Was ist Variieren?

Variieren meint, eine vorhandene Melodie zu verändern, aber so, dass sie noch erkennbar bleibt. Einfachste Form ist, eine Melodie in einer anderen Tonart zu wiederholen.

Ich spiele etwa eine Melodie beim ersten Mal so, wie sie in den Noten steht, verändere sie aber bei der Wiederholung.

Möglichkeiten

Einige von vielen mögliche Variationen für Harmonikaspieler oder kleine Gruppen sind etwa:
 
Die Unterstimme eine Oktave höher als Oberstimme spielen, die Oberstimme bleibt gleich, siehe Lagenspiel zweistimmig.
Die ganze Melodie eine Oktave höher spielen, siehe Lagenspiel zweistimmig.
Eine dritte Stimme einfügen, eventuell nur bei der Wiederholung, siehe Lagenspiel dreistimmig.
Die ganze Melodie in der nächsten höheren Tonart spielen, also eine Quint höher, auf der Harmonika eine Reihe nach innen
Selten, und nur beim Trio: Die Melodie einen Ganzton höher steigern, in der übernächsten Tonart nach außen auf der Harmonika, also von der 3. Reihe auf die 1. Reihe wechseln, oder von der 4. Reihe auf die zweite, aber in höherer Lage
Die rhythmische Einteilung verändern, etwa zusätzliche Achtelnoten statt längerer Noten oder punktierte Noten spielen
Statt langer Noten kurze Verzierungen mit Achtel- oder Sechzehntelnoten spielen
Die Melodie leicht verändern, Verzierungen, Triller, Vorschläge und ähnliches an passenden Stellen einbauen
Statt langen Noten die vorherige Melodie oder nur den vorherigen Rhythmus als Echo spielen, allenfalls leicht verändert, um in die neue Harmonie zu passen (siehe Triomelodie beim unten eingefügten Video des Hermannboarisch)
Die Wiederholung lauter, akzentuierter oder mehrstimmiger spielen

 Wir musizieren seit vielen Jahren zu sechst im G’mischten Satz: Zwei Geigen, diverse Begleitinstrumente und ich mit der Harmonika. Die Geigen spielen die Melodie zweistimmig, und ich frage mich, was kann ich da mit der Harmonika beitragen? 

Dazu gibt es einige Möglichkeiten:

Am Anfang spiele ich die Melodie mit, möglichst zweistimmig oder nur die Hauptstimme, verstärke den Klang. Die Zuhörer oder Tänzer sollen die Melodie kennen lernen.
Wir wiederholen diese Melodie. Sie soll aber nicht gleich klingen, das haben die Zuhörer ja bereits gehört. Ich spiele daher nun gern eine Oberstimme.
Das Gleiche gilt für die zweite Melodie, hier variiere ich aber nur selten.
Häufig kommt nun wieder der Anfangsteil, die erste Melodie, meist nur einmal. Jetzt könnte ich etwa eine Gegenstimme versuchen, oder einige Verzierungen einbauen.
Falls nun das Trio kommt, eine besonders gemütvolle Melodie, könnte die beim ersten Mal leise, ohne jede Verzierung gespielt werden.
Bei der Wiederholung kann man sich bei vielen Stücken im Trio besonders viel einfallen lassen, etwa nun lauter spielen.
Man könnte auch bei den Melodiestimmen abwechseln, etwa einzelne Melodien oder auch nur kurze Melodiephrasen als Harmonikasolo spielen, vielleicht sogar dreistimmig.
Oder ich lasse den Geigen oder anderen Melodieinstrumenten das Solo, spiele einen Teil überhaupt nicht mit oder begleite allenfalls mit Akkord-Nachschlag.
Aber dies alles nur selten, nicht bei jeder Melodie, um ein Stück nicht zu sehr zu überladen. Weniger ist oft mehr.
Es kommt auch sehr auf den Zweck des Stückes an. Spiele ich besinnliche Adventstücke, sind Variationen kaum angebracht. Bei Tanzmusik und besonders bei Zwiefachen sollte der Rhythmus nie gestört werden.
Vor allem: alle Variationen sollen dem Stück dienen, die Musik netter oder schwungvoller machen. Sie sind nicht dazu da, meine Fingerfertigkeit zu zeigen.

Ein recht gutes Beispiel wäre der Hermann-Boarische im folgenden Video.

Allerdings, hier ist wohl fast einiges zu viel an Variationen zusammengekommen, das passt nicht immer. Aber für diesen Zweck (Faschingskonzert) gefällt es mir, und daher passt es ausnahmsweise doch.

Sie könnten auch Verzierungen einbauen an Stellen, an denen dies in den Noten nicht vorgesehen ist, etwa Vorschläge, Pralltriller, Triller, Arpeggio. Auf der Seite Verzierungen auf der Steirischen Harmonika erkläre ich einiges dazu, das auch für andere Instrumente gilt.
Oder Sie wechseln die Lage, spielen statt in Terzen in Sexten oder umgekehrt. Auf Lagenspiel erkläre ich, wie das geht.

Wo man nicht in dieser Art variieren sollte

Besinnliche Musik in der Kirche, Adventsingen und vergleichbares geht nach anderen Regeln. Hier ist nicht tänzerischer Schwung anzustreben, sondern feierlicher Klang. Die Musik soll stimmungsvoll klingen, oder festlich, besinnlich, weihevoll, erbaulich, manchmal majestätisch oder jubelnd.

Dazu könnte man zwar die allermeisten Volksmusik-Stücke spielen, aber vielleicht etwas langsamer, vielleicht etwas kürzer, der Liturgie angepasst, vielleicht ohne allzu viele Bassläufe oder dergleichen, oder nur mit einfachsten Bassakkorden, vielleicht etwas leiser, besinnlicher, gefühlvoller.

Wichtig ist dazu auch die Länge der Basstöne. Bei Tanzmusik, auch bei Konzerten mit tanzmusik-ähnlichen Stücken sollten kurze Basstöne, fast Staccato, den Rhythmus unterstreichen, schwungvolles Spiel ermöglichen. Tanzmusik wirkt gut tanzbar, wenn der Bass kurz und prägnant ist. Das gilt aber nicht immer bei Liedbegleitung, vor allem nicht bei gefühlvollen Liedern. Stellen Sie sich vor, ein Chor singt das schöne Lied Stille Nacht im vierstimmigen Satz oder auch nur zweistimmig mit Bass. Wird da ein Bass-Sänger Staccato singen? Sicher nicht. Er wird die Töne eher lang aushalten. Beim Musizieren gilt das Gleiche. Im Gegenteil, manchmal kann man den Bass überhaupt liegen lassen, wie etwa bei allen Jodlern, aber auch bei manchen Weihnachtsliedern passt das.

Was wir bei derartigen Gelegenheiten spielen, auch in der Kirche zur Messe, sehen Sie auf meiner Seite Adventstücke.

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